In Ford v Ferrari dreht der Fahrer seine Stunden auf der Strecke und Mangold seinen Film im Studio, was kaum jemanden dabei auffiel, war die Kritik, dass sich auch ganz Hollywood im Kreis dreht.
Was ist eine Rennstrecke anderes als ein Ort, an dem man sich ständig im Kreis dreht?
Was ist Le Mans anderes als ein Rennen, bei dem man sich bis zur totalen Ermüdung im Kreis dreht?
Was braucht man, um dort zu gewinnen? Geld, ein Auto, einen Fahrer, ein Team aus guten Ingenieuren und ganz viel Leidenschaft.
Was braucht man, um einen Film zu drehen? Geld, ein Drehbuch, einen Regisseur, ein Team aus guten Handwerkern und ganz viel Leidenschaft.
Was braucht man weder um in Le Mans zu gewinnen noch um einen Film zu drehen? Bürokraten im gestriegelten Anzug, die einem sagen, was man zu tun und was zu lassen hat.
Vielleicht überinterpretiere ich da ein bisschen zu viel, aber ich glaube James Mangolds hat in seinem Film Ford v Ferrari eine versteckte Anklage am Popcorn-Absatz-orientierten Produzentenkino mit einem Plädoyer für die kreative Freiheit des Filmemachers verbunden. In seinem Adrenalin-geladenen Auto-Kino gibt es viele Szenen, in denen der Zuschauer mitten hinein auf die Rennbahn gezogen wird.
Eine solche Szene im Auto ist ganz besonders: Henry Ford der Zweite ist der erste Ford, der das berüchtigte Rennen von Le Mans gewinnen will. Also holt er sich einen hochkompetenten und eigenwilligen Konstrukteur (Matt Damon als Caroll Shelby) und einen nicht weniger eigensinnigen, aber hochtalentierten Fahrer (Christian Bale als Ken Miles). Beim ersten Mal in Le Mans lässt Ford den Fahrer nicht mit zum Rennen, weil er der Kauz mit seiner unverblümten Direktheit dem Image der Firma schaden könnte. Und obwohl das Rennen verloren geht, beschwatzt ihn auch beim zweiten Mal einer der Business-Bürokraten, die für Ford arbeiten, wieder ohne Miles anzutreten. Vom genauen Gegenteil ist der Ingenieur Shelby überzeugt: er denkt, Ford kann nur mit Miles gewinnen. Also entführt der Ingenieur den stolzen Fabrikanten Ford, der keine Ahnung hat, was es heißt, im Rennauto bei 300 Kilometern pro Stunde auf die Rennstrecke, um Kurven zu heizen. Dort zeigt er ihm, was das (im Auto heizen) heißt. Die forsche Probefahrt überzeugt den Auto-Autokraten Ford und die beiden hart arbeitenden Garagen-Genies bekommen ihre kreative Freiheit.
Sie gewinnen sie das Rennen, weil sie ihr Ding durchziehen können ohne Bürokraten, die ihnen reinreden, weil sie denken etwas würde anders besser oder schlechter ankommen. Am Beispiel der beiden Renn-Fanatiker stellt der Film ganz offen die Frage, ob man sich für eine Sache, die man liebt, mit den großen ‚Bösen‘, die einem zum Erfolg verhelfen können, einlassen soll. Wer auf die Meta-Ebene geht, findet hier eine Analogie, bei der der Fahrer der Filmemacher, das Rennfahren das Filmemachen und der Motorsport das Kino ist. Das Rennen um den großen Preis von Le Mans kann man durchaus also als das große Rennen um die Oscars lesen.
Unter diesem Hintergrund betrachtet, stellt der Film ganz laut die Frage:
Darf man als leidenschaftlicher Filmemacher mit den großen, ‚bösen‘ Studios zusammenarbeiten?
Sollte man das, auch wenn diese Business-Bürokraten keine Ahnung haben, deine Leidenschaft für die Sache nicht verstehen, und es ihnen nur um Geld und Macht geht?
Muss man das vielleicht sogar, um sich seinen Traum zu erfüllen oder gar in seinem Traumberuf arbeiten zu können?
Die Antwort, die der Film gibt, ist: Ja, du kannst dich mit den Großen zusammentun, am Ende schaffst du sogar, was du willst – aber du wirst trotzdem noch von den Bürokraten betrogen, denn sie verstehen nichts von deiner Leidenschaft. Das mag verbittert klingen, die Frage, ob der hohe Preis es trotz all dem wert ist, wirft der Film ganz am Ende sehr deutlich auf – in dem Wissen sie nicht beantworten zu können.
Was ist eine Rennstrecke anderes als ein Ort, an dem man sich ständig im Kreis dreht?
Was ist Le Mans anderes als ein Rennen, bei dem man sich bis zur totalen Ermüdung im Kreis dreht?
Was braucht man, um dort zu gewinnen? Geld, ein Auto, einen Fahrer, ein Team aus guten Ingenieuren und ganz viel Leidenschaft.
Was braucht man, um einen Film zu drehen? Geld, ein Drehbuch, einen Regisseur, ein Team aus guten Handwerkern und ganz viel Leidenschaft.
Was braucht man weder um in Le Mans zu gewinnen noch um einen Film zu drehen? Bürokraten im gestriegelten Anzug, die einem sagen, was man zu tun und was zu lassen hat.
Vielleicht überinterpretiere ich da ein bisschen zu viel, aber ich glaube James Mangolds hat in seinem Film Ford v Ferrari eine versteckte Anklage am Popcorn-Absatz-orientierten Produzentenkino mit einem Plädoyer für die kreative Freiheit des Filmemachers verbunden. In seinem Adrenalin-geladenen Auto-Kino gibt es viele Szenen, in denen der Zuschauer mitten hinein auf die Rennbahn gezogen wird.
Eine solche Szene im Auto ist ganz besonders: Henry Ford der Zweite ist der erste Ford, der das berüchtigte Rennen von Le Mans gewinnen will. Also holt er sich einen hochkompetenten und eigenwilligen Konstrukteur (Matt Damon als Caroll Shelby) und einen nicht weniger eigensinnigen, aber hochtalentierten Fahrer (Christian Bale als Ken Miles). Beim ersten Mal in Le Mans lässt Ford den Fahrer nicht mit zum Rennen, weil er der Kauz mit seiner unverblümten Direktheit dem Image der Firma schaden könnte. Und obwohl das Rennen verloren geht, beschwatzt ihn auch beim zweiten Mal einer der Business-Bürokraten, die für Ford arbeiten, wieder ohne Miles anzutreten. Vom genauen Gegenteil ist der Ingenieur Shelby überzeugt: er denkt, Ford kann nur mit Miles gewinnen. Also entführt der Ingenieur den stolzen Fabrikanten Ford, der keine Ahnung hat, was es heißt, im Rennauto bei 300 Kilometern pro Stunde auf die Rennstrecke, um Kurven zu heizen. Dort zeigt er ihm, was das (im Auto heizen) heißt. Die forsche Probefahrt überzeugt den Auto-Autokraten Ford und die beiden hart arbeitenden Garagen-Genies bekommen ihre kreative Freiheit.
Sie gewinnen sie das Rennen, weil sie ihr Ding durchziehen können ohne Bürokraten, die ihnen reinreden, weil sie denken etwas würde anders besser oder schlechter ankommen. Am Beispiel der beiden Renn-Fanatiker stellt der Film ganz offen die Frage, ob man sich für eine Sache, die man liebt, mit den großen ‚Bösen‘, die einem zum Erfolg verhelfen können, einlassen soll. Wer auf die Meta-Ebene geht, findet hier eine Analogie, bei der der Fahrer der Filmemacher, das Rennfahren das Filmemachen und der Motorsport das Kino ist. Das Rennen um den großen Preis von Le Mans kann man durchaus also als das große Rennen um die Oscars lesen.
Unter diesem Hintergrund betrachtet, stellt der Film ganz laut die Frage:
Darf man als leidenschaftlicher Filmemacher mit den großen, ‚bösen‘ Studios zusammenarbeiten?
Sollte man das, auch wenn diese Business-Bürokraten keine Ahnung haben, deine Leidenschaft für die Sache nicht verstehen, und es ihnen nur um Geld und Macht geht?
Muss man das vielleicht sogar, um sich seinen Traum zu erfüllen oder gar in seinem Traumberuf arbeiten zu können?
Die Antwort, die der Film gibt, ist: Ja, du kannst dich mit den Großen zusammentun, am Ende schaffst du sogar, was du willst – aber du wirst trotzdem noch von den Bürokraten betrogen, denn sie verstehen nichts von deiner Leidenschaft. Das mag verbittert klingen, die Frage, ob der hohe Preis es trotz all dem wert ist, wirft der Film ganz am Ende sehr deutlich auf – in dem Wissen sie nicht beantworten zu können.
James Mangold hat mit Ford v Ferrari einen subversiven Popcorn-Kino-Studiofilm gedreht, in dem er, wie ich glaube, seine persönlichen Erfahrungen im Filmgeschäft mit einer Analogie verarbeitet. Seine Kritik in einen Film zu verstecken ist der eine Weg, der andere ist es sie in einen Zeitungsartikel zu packen. Mit Martin Scorsese hat ein anderer Filmemacher einen viel diskutierten Artikel geschrieben, indem er das Hollywood-Popcorn-Kino mit Erlebnisparks vergleicht, ihm den Kunstwert abspricht und damit den Autorenfilm als wahre Filmkunst lobt. Viele der Kritikpunkte, die Scorsese dort direkt anspricht, finden sich in Ford v Ferrari versteckt. Viele der Kritikpunkte fanden sich auch schon bei Truffaut¹. Remakes gibt es nicht nur von alten Filmen, sondern auch von alten Problemen des Kinos. Das Kino ist eine alte Wiederholungsmaschine. Das Paradoxon ist, dass diese dennoch immer wieder Neues hervorkehrt.
1. Truffaut propagierte, man brauche kein Studio, um einen Film zu drehen. Das, was für ihn die literarische Adaption war, ist heute vermutlich die filmische Fortsetzung. Was heute wie damals gleich bleibt, ist die Gegenüberstellung von Filmemachern mit eigener Handschrift, den Autoren, und denjenigen mit solider Handarbeit, den Handwerkern. ↩